Beobachtungen aus VRSA-Town

Bom dia und schöne Grüße von der Algarve - ich melde mich zurück mit einem Bericht über die vergangenen vier Wochen.
Die letzten Wochen vor Abflug konnte ich es nicht mehr so richtig abwarten in die Wärme zu kommen. Ich habe mich dazu entschieden, den Winter über in Freiburg zu bleiben. Dafür gab es mehrere Gründe. Meine Vorbereitung für die Saison 24 hat erst Mitte Dezember nach meiner Saisonpause begonnen. Damit war es sowieso ein kurzer Winter bis zum Saisoneinstieg und ich hatte nicht das Gefühl, den Trainingsalltag aufbrechen zu müssen. Ich mag meine Routinen sehr gerne und genieße es, in den Trainingsmonaten in meinen eigenen vier Wänden zu sein. Bei den meisten Rennen und Trainingslagern ist mein Trainer nicht vor Ort und auch deswegen denke ich, dass es im Winter Sinn ergibt, im täglichen Austausch zu sein.
Zuletzt ist es aber auch ein finanzieller Aspekt – bin ich ja nicht mehr gefördert durch den Verband oder die Bundeswehr. Momentan übernehmen meine Eltern wieder den Großteil meiner Lebenshaltungskosten und wenn ich mir die Planung meines Sommers ansehe, wird dieser kostenintensiv genug sein.

Nun aber zum aktuellen Trainingslager. Ein Großteil der Freiburger Trainingsgruppe ist für ein paar Wochen nach Vila Real de Santo António emigriert. Wir waren auf drei Wohnungen à vier bis fünf Bewohner*innen verteilt und damit eine ziemlich große Gruppe.

Ein Tag in Vila Real de Santo António unterscheidet sich vom Aufbau her vom Freiburger Alltag. Meist starten wir gegen sieben in den Tag (im Gegensatz zu 5:10 in der Heimat). Erste Amtshandlung ist das Aufsetzen der Riesen-Bialetti. Dann gibt es ein erstes Frühstück, bevor wir uns zum Laufen in Richtung der anderen beiden Wohnungen begeben. Von Vila Real aus kann man sehr gut im Wald am Strand von Monte Gordo laufen, bei gutem Wetter ist auch die berühmt (-berüchtigte) Flamingorunde zu empfehlen. Nach dem Laufen gibt es ein zweites Frühstück.

Mittags geht es als zweite Einheit ins Schwimmbad. Das Schwimmbad hat sowohl ein 50m- als auch ein 25m-Becken. Nachmittags steht dann die letzte Einheit auf dem Programm: Radfahren. Im Prinzip also keine gravierenden Unterschiede zum Training in der Heimat, abgesehen vom späteren Start in den Tag und wärmeren Temperaturen.

Einige kulturelle Unterschiede zum Leben in Deutschland sind uns jedoch ins Auge gestochen. Wenn ich von „wir“ spreche, meine ich meine Mitbewohner*innen Sophia, Pia, Ben und mich.

Das Leben hier in Vila Real findet deutlich langsamer statt als man es als deutsche Person gewöhnt ist. Das fängt damit an, dass wir den Einkauf auf dem Kassenband nach Gewicht und Jutebeuteln sortieren, um in Habachtstellung zu warten in Lichtgeschwindigkeit einzupacken. Und dann wartet man erst mal, denn selbst die Aldi und Lidl Kassierer*innen haben die Ruhe weg. Ein weiteres Beispiel ist das allmorgendliche geschäftige Treiben in den Cafés, wenn sich vor der Arbeit ein Espresso gezogen wird. Womit wir bei der Kaffeesituation vor Ort wären. Ich würde in Cafés eher bei einem Espresso bleiben, denn Cappuccino wird hier oft mit Zimt und Sahne serviert.

Man kann spüren, dass der Sport hier hohes Ansehen genießt. Sei es nun im Schwimmbad, wo große Rentnergruppen Wassergymnastik machen oder auf der frisch wiedereröffneten Tartanbahn, wo neben den internationalen Trainingsgruppen auch viele Einheimische trainieren, oder der Uber-Fahrer, der in seiner Freizeit Marathon läuft (und überrascht war, dass man im Triathlon schneller als 40min auf 10km läuft). Sowohl im Radladen, als auch in der Physiotherapie wissen die Leute, wann der nächste Europa Cup und das nächste WTCS Rennen stattfinden sollen.

Bezüglich Radladen: wenn man Freiburger Service gewohnt ist, liegt die Messlatte auf dem Boden. Dort gibt es einige gute Werkstätten, es gibt aber auch genug Etablissements, bei denen man gefühlt schon eine extra Gebühr zahlt, sobald man das Grundstück betritt. Und dann darf das Rad in zwei Wochen abgeholt werden. Aber gut, Nachfrage bedingt Angebot! Ich bin auf jeden Fall Fan vom portugiesischen Radladen. Morgens das Rad hingebracht, nachmittags abgeholt bei sehr gutem Preis und Service.

Zu den Örtlichkeiten/ Trainingsgegebenheiten: Wenn man eine Einheit auf der Bahn laufen möchte, würde ich sagen, dass ab etwa 10 Uhr morgens die Rush Hour der Leichtathlet*innen beginnt. Dann ist auch auf dem Radweg zwischen Monte Gordo und Vila Real Hochbetrieb, denn viele Leichtathlet*innen wohnen in Monte Gordo und fahren mit dem Rad zum Trainingsgelände.
Ähnlich verhält es sich mit dem Kraftraum an der Bahn, dieser ist ab neun geöffnet und bis zehn ziemlich sicher sehr leer. Aber auch bei viel Betrieb hatten wir keine Probleme, es verteilt sich gut auf die verschiedenen Geräte.

Ich liebe das Radfahren hier. Während wir es im Schwarzwald gewöhnt sind, längere Anstiege und Abfahrten zu haben, hat man hier beständig rolling hills (manchmal auch weniger rolling und mehr Wand). Im Hinterland gibt es wahnsinnig viele kleine Straßen, einige mit sehr gutem Belag, einige mit okem Belag, einige mit wirklich schlechtem Belag. Manchmal fährt man fast eine halbe Stunde, bevor man einem Auto, meistens einem weißen Lieferwagen, begegnet. Wachhunden begegnet man da mit höherer Wahrscheinlichkeit, Pro-Tip: langsamer werden und zurück bellen (zeigt Dominanz).

Mich erinnert die Landschaft hier an bewaldete Golfplätze – eine Hügellandschaft mit niedrigem Baumbewuchs. Die Bevölkerungsdichte ist hier niedrig und ich würde empfehlen, immer mindestens ein Notfallgel dabei zu haben, denn auf die Schnelle Verpflegung zu finden, gestaltet sich als schwierig. Hier kann man auch mal die Musikbox laut laufen lassen, speziell für die werten Leser*innen haben wir eine Banger-Playlist erstellt.

Für mich steht diesen Samstag nun der erste Triathlon dieser Saison an. Es handelt sich um den Europa Cup in Quarteira. Ich habe noch nie ein so gut besetztes Rennen als Saisoneinstieg (Quarteira ist deutlich stärker besetzt als der Welt Cup, der am gleichen Wochenende in Hong Kong stattfindet) gemacht, mein Training hier ist aber größtenteils sehr gut gelaufen und ich bin fit. Die Vorfreude und der Respekt sind groß!

Bis bald!

Katharina

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ein paar Gedanken zu Beginn